Denk mal!

Bergsteigerchor-Geschichte in Bronze und Stein

Als Prof. Walter Howard in Friedewald bei Dresden am 4. November 2000 seinen 90. Geburtstag feierte, überbrachte ihm eine Abordnung des Sächsischen Bergsteigerchores „Kurt Schlosser“ herzliche Glückwünsche.

Der bekannte Bildhauer hatte Jahre zuvor zwei Kunstwerke geschaffen, die die Geschichte des Chores darstellen und ihren festen Platz vor der Hütte in Kleinhennersdorf im Landkreis Sächsische Schweiz gefunden haben.

1982 enthüllte der Chor mit Gästen aus dem In- und Ausland ein Bronze-Durchbruchrelief, das an die I. Deutsche Arbeiter-Bergsteiger-Kaukasus-Expedition vor 50 Jahren erinnert, an der die Sänger und Alpinisten Hans Damme (II. Tenor), Franz Ruge (II. Bass), Hans Donath, Willi Facius (beide II. Tenor) und Walter Saalfeld (I. Tenor) erfolgreich teilgenommen haben. Howard entwarf eine Figuration, die einen aus dem Chor heraustretenden Bergsteiger zeigt, der nach oben strebt. Die Inschrift „Ihr Vermächtnis ist uns Pflicht und Ehre“ ist der Titel eines Liedes, für den der Dresdner Schriftsteller Max Zimmering den Text und der Komponist Horst Wolf aus Bretnig die Musik schufen. Das Relief ist auf einem Sandstein- Felsblock montiert, der aus den Reinhardtsdorfer Steinbrüchen mit schwerer Technik herangeschafft werden musste. Der Zweitguss des Reliefs wurde 1982 von elf Mitgliedern des Bergsteigerchores im kaukasischen Schchelda-Alpinistenlager während einer Feierlichkeit enthüllt. Prof. Howard hatte während des Schaffensprozesses mehrfach in sein Radebeuler Atelier eingeladen und zeigte sich über „die Sachkunde und das künstlerische Interesse der Chorvertreter außerordentlich beeindruckt“.

Diese beglückende Zusammenarbeit veranlasste den Bergsteigerchor, anlässlich seines 60-jährigen Jubiläums 1987 erneut eine Arbeit bei Walter Howard in Auftrag zu geben.

So entstand aus einer Tonne Bad Liebenwerdaer Ton eine etwa 2,40 Meter hohe Stele, die in Form und Gestalt einer Felsnadel entlehnt ist, deren Ähnelbilder in der Sächsischen Schweiz – dort, wo die Lieder des Chores zu Hause sind – häufig der unvergleichlichen Landschaft ihr Profil geben. Die Stele hat sechs Segmente, die bei 1300 Grad gebrannt wurden.

Howard ist es hervorragend gelungen, Tatsachen aus der Chorgeschichte ins Bild zu setzen. Drei Seiten charakterisieren Geschehnisse des antifaschistischen Widerstandes. Die erste Seite zeigt Bergsteiger in der Höhle am Satanskopf, die als geheimes Büro und Schlupfwinkel diente. Die Unerschrockenen transportieren auf geheimen Pfaden Flugblätter in Rucksäcken über die Grenze zur Tschechoslowakei. Seite 2: hinter Kerkermauern ein Antifaschist mit ernstem, aber mutigem Gesicht – die Hände das Gitter kraftvoll und zuversichtlich umklammernd, obwohl der Stacheldraht Undurchdringlichkeit beweist. Dritte Seite: Der Bergsteigerchor hat sich 1945 nach der Befreiung vom Nationalsozialismus wieder formiert. Lücken sind gerissen, werden wieder geschlossen. Nichts ist vergessen …